Herzensarbeit togge

Energieräuber rechtzeitig erkennen!

Ich fühle mich gut, habe einen schönen und entspannten Tag verbracht. Am Abend kommt mein Mann nach Hause und macht eine Bemerkung, die mich stört. Meine Stimmung schlägt um, ich fühle mich angegriffen, ärgere mich, meine Gedanken beginnen um sein Fehlverhalten zu kreisen, ich mache ihm Vorwürfe und es kommt womöglich zum Streit.

Kommt dir das bekannt vor?

Der äussere Faktor, der unsere Stimmung kippen lässt, kann alles Mögliche sein: ein quengelndes Kind, ein kritisierender Chef, eine Arbeitskollegin, der Stau, in dem wir gerade stehen, eine unfreundliche Verkäuferin,….

Soll ich jetzt all das bekämpfen, dem ausweichen, entfliehen, damit mir niemand mehr die Laune verderben kann? Dies würde ein schwieriges Unterfangen und vor allem völlig bodenlos!

Der eigentliche Energieraub geschieht in uns selber: In unserer automatischen, immer gleichen, unbewussten Reaktion. Wir verschliessen uns zuerst mit einer ganz kleinen, unangenehmen Empfindung. Danach leisten wir dem Nachschub mit untermauernden Gedanken („Warum ist die immer so unfreundlich zu mir?“) und negativen Gefühlen (verärgert, empört, unverstanden, etc.). Zudem atmen wir meist nur noch oberflächlich und entziehen dem Körper Sauerstoff.

Beobachten wir diesen Vorgang einmal bewusst! Er ist so normal und jahrzehntelang eingeübt, dass wir ihn kaum bemerken, geschweige denn eine andere Reaktion für möglich halten.

Die Lösung ist: Aufmachen, statt zu, bewusst offen bleiben, statt uns zu verschliessen. Dies heisst nun nicht, dass wir uns von andern alles gefallen lassen sollten. Ganz im Gegenteil. Wenn wir wach sind und gegenwärtig, erkennen wir schneller unsere Grenzen und können mit Klarheit und aus dem Herzen reagieren.

Die Annäherung an die Lösung geht nicht übers „Wegmachen“ der automatischen Reaktionen, sondern übers bewusste Wahrnehmen derselben. Wir lernen unsere Reaktion auf unerwünschte Situationen aus neutraler Warte kennen.

Von der buddhistischen Nonne Pema Chödrön inspiriert (die ich hier auch schon erwähnt habe), kam ich auf die Idee einer einfachen Übung, mit der wir unsere Reaktionen besser beobachten können.

Betrachte dies als spannendes Experiment:

  1. Nimm beim nächsten Einkaufsbummel auf der Strasse, in einem öffentlichen Gebäude oder im Schwimmbad ganz bewusst deine Reaktion auf die verschiedenen, dir fremden oder nur flüchtig bekannten Menschen wahr. Nimm wahr, bei wem du offen bleibst, wo es sich neutral anfühlt und bei wem du ablehnend, abwertend und mit Verschliessen reagierst. Bewerte deine Reaktionen nicht mit „gut“ oder „schlecht“, „richtig“ oder „falsch“. Lass sie einfach so sein, wie sie sind. Begib dich dabei eher in eine neugierige Haltung des Forschens.
  2. Als nächsten Schritt kannst du dich selber mit einer Freundin oder einem gut bekannten Menschen beobachten. Wann bist du offen? In welchem Moment machst du zu?
  3. Als dritten und schwierigsten Schritt führst du das Experiment mit deinem Partner/Partnerin durch, deinen nächsten Angehörigen oder mit Menschen, die dich zur Zeit schnell „auf die Palme“ bringen können. Hier ist der Sog, ins gleiche alte Muster zu verfallen, besonders deutlich ausgeprägt und darum am schwierigsten zu beobachten. Nimm dir deshalb unmittelbar vor der Begegnung einen ruhigen Moment, wo du deinen Atem und deinen Körper spürst und deine Gedanken wahrnimmst. In der Haltung – gut bei dir – gehst du dann auf die Begegnung zu.

Tauchen bei der Übung schwierige Gefühle auf, drück sie weder weg, noch lass dich von ihnen überwältigen. Nimm sie wahr, lass sie da sein. Vielleicht brauchen sie Verständnis von deinem Herzen, Mitgefühl oder Raum.

Selbst wenn du diese Gefühle im ersten Moment weggedrückt hast, kannst du dich ihrer zu einem späteren und ruhigeren Zeitpunkt annehmen und ihnen dein Herz öffnen.

Um das Experiment für dich strukturierter zu gestalten und daraus möglichst viele Erkenntnisse zu gewinnen, führe ein kleines Tagebuch, in das du zu jedem Teil kurze Notizen schreibst. Durch das Aufschreiben gibst du der Erfahrung mehr Gewicht und kannst sie besser jederzeit wiederholen (was der Sinn des Ganzen ist J).

Danach folgt der letzte Teil des Experiments:

Nimm dir etwa 10 Minuten Zeit. Schliesse die Augen, spür deinen Körper und deinen Atem. Wünsche jedem Menschen, dem du im Experiment begegnet bist (auch wenn es nonverbal war) Glück, Frieden und Freude.

Nimm wahr – ohne zu bewerten – wie sich das für dich anfühlt. Schliesse dich selber in diese Wünsche mit ein.

Spür, wie du dich öffnest für die Qualitäten von Glück, Frieden und Freude. Fühle, wie diese Energien durch dich durch fliessen und hin zu den andern Menschen. Bleibe präsent in dieser Vorstellung, bis du die Übung beendest.

Schau, ob ein Teil von dir sagt: „Ich kann das nicht, das bringt doch nichts!“

Nimm diesen Widerstand wahr und mach das Experiment trotzdem. Ein Teil von uns will immer beim Alten bleiben. Die alten Reaktionsmuster sind bequem und vertraut. Sie rauben uns die Energie, ohne dass wir es bemerken.

Das Neue ist unbequem und verunsichert. Ein wahrlich wertvoller Zustand! Er lässt uns wachsen, hält uns jung und flexibel.

Es gibt kein Gelingen oder nicht Gelingen. Es gibt nur ein Wagen und Erforschen oder Stehen bleiben und Verschliessen. Gehen wirs an!

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