Herzensarbeit togge

Sexualität – ein heisses Eisen in Beziehungen!

Ich habe mir überlegt, ob ich überhaupt öffentlich schreiben möchte über dieses Thema.  Es ist allgegenwärtig in den Medien, es wird überall breit geschlagen. Gleichzeitig ist das, was wir wirklich in der Sexualität erleben, nach wie vor tabuisiert und oft mit Scham, Angst und Schweigen belegt.

Ich wage eine Annäherung an das Thema, so, wie es sich mir im Augenblick persönlich und in der Begleitung von Paaren zeigt.

Wir Menschen sind zutiefst sexuelle Wesen. Egal, ob und wie wir unsere Sexualität leben, wir sind durchdrungen von dieser existenziellen Kraft.

Dies klingt vielleicht nach einer Platitüde. Aber schau mal, ob du das für dich persönlich so fühlen kannst. Kannst du ja sagen zu dieser Sichtweise? Fühlst du dich ganz und gar als sexuelles Wesen (unabhängig davon, ob und wie du deine Sexualität zur Zeit lebst)? Was löst diese Vorstellung in dir aus? (Wohlgefühl? Abwehr? Zweifel?…)

Es kann hilfreich sein, uns bewusst zu machen, dass unsere Sexualität und alle unsere Vorstellungen und Bilder überlagert sind von vergangenen und gegenwärtigen gesellschaftlichen Trends.

Es lohnt sich, unseren ganz eigenen, puren Kern aus diesem Wirrwarr herauszuschälen und herauszufühlen!

Früher hat die Kirche dieses Thema beherrscht und mit ihrer Moral besetzt.  Vieles davon ist bis heute mehr oder weniger bewusst in uns „steckengeblieben“. Vor allem die Sexualität der Frauen wurde von der Kirche und der patriarchalen Gesellschaft verleugnet, verteufelt und herabgewürdigt.

Wenn wir uns nicht bewusst davon lösen und befreien, sitzen Teile dieser überalterten Vorstellungen noch immer in uns (in beiden Geschlechtern!).

Heute hat der Trend umgeschlagen und geht manchmal eher in Richtung Leistungssport, in Form von noch mehr, noch besserem und noch ausgefallenerem Sex…

Doch wo ist unser ureigenes, sexuelles Wesen?

Dazu ist unsere Sexualität oft auch überlagert vom Leben und den Vorstellungen, die unsere Eltern und Grosseltern hatten. Unbewusst haben wir  ihre Gefühle übernommen, die in unser Sexleben hineinwirken.

Aus allen diesen Einflüssen und aus den Erfahrungen unseres bisherigen Lebens entsteht in uns ein Bild unserer eigenen Sexualität, mit dem wir identifiziert sind. Vereinfacht ausgedrückt kann das etwa so aussehen:

„ Ich brauche nicht so viel Sex, ein wenig kuscheln reicht mir“.

 „Mir hat Sex nie so besonders gut gefallen“.

„ Ich brauche viel Sex, sonst bin ich unzufrieden“.

„ Ohne Sex geht bei mir gar nichts“.

Dies sind allgemeine Aussagen und es ist nichts Falsches daran. Dennoch ist es hilfreich, sich selber zu fragen:

Womit bin ich identifiziert? Was habe ich allenfalls von der Gesellschaft oder von meinen Eltern übernommen? Gäbe es auch eine erweiterte Sicht von mir selber? Könnte es sein, dass ich mich als sexuelles Wesen weiter gefasst und ganzheitlicher wahrnehmen kann, als ich das bisher getan habe?

Es lohnt sich, uns selber in unseren tieferen Schichten wahrzunehmen und kennenzulernen. Dies geht nur übers Fühlen und Erfahren. Der Verstand kann uns als hilfreicher Assistent zur Seite stehen, der Fokus liegt aber auf dem Gefühl und auf der sinnlichen Wahrnehmung des Körpers.

Wer das vertiefen möchte, dem empfehle ich folgende Übung:

 

  1. Setz dich bequem hin, schliesse die Augen und sorge für eine ungestörte Zeit von ca. 20 Minuten
  2. Nimm deinen Atem wahr und deinen Körper. Sei immer mehr präsent in deinem ganzen Körper.
  3. Verweile mit deiner Aufmerksamkeit in deinem Becken, bei deinem Geschlecht. Nimm dir Zeit, deinen weiblichen oder männlichen Pol mit Interesse wahrzunehmen (innerlich). Für Frauen: Geh zuerst mit deiner Aufmerksamkeit in deine beiden Brüste. Nimm sie von innen her wahr. Verweile dort mit weicher, warmer Zuwendung. Wende dich erst danach deinem Becken und deiner Vagina zu.
  4. Stelle dir eine sexuelle Begegnung vor. Dies kann eine angenehme oder eine unangenehme Begegnung sein. Wende dich dem zu, was sich bei dir zeigt und aufdrängt.
  5. Nimm wahr, was in deinem Körper passiert: Spannung, Druck, Kribbeln, Erregung, Schmerz, flaues Gefühl, Wärme, Kälte,….
  6. Wende dich jetzt deiner Emotion zu, deinem Gefühl: Wärme, Liebe, Begehren, Abwehr, Rückzug, Unwohlsein, Wohlsein,…. benenne deine Gefühle ehrlich und ohne Zensur! Da sind sie sowieso.
  7. Schau, was dieses Gefühl von deinem Herzen braucht (egal, ob es ein angenehmes oder unangenehmes Gefühl ist): Wahrgenommen werden, dasein dürfen, Verständnis, Mitgefühl, Achtung, Raum, Anerkennung, Würdigung,….
  8. Schau, ob dieses Gefühl nur dir gehört, oder ob du es von jemandem übernommen hast. Taucht jemand auf vor deinem inneren Auge? (der Verstand darf hier nur zuschauen! :-)). Falls ja, gibt dieser Person das Gefühl zurück (in deiner Vorstellung). Schau jetzt, wie du dich fühlst (erleichtert, befreit, wohler, mehr bei dir selber, …).
  9. Geh nochmals zur Ausgangssituation zurück und nimm wahr, was sich (allenfalls) verändert hat.

Mach diese Übung oft. Es können immer wieder neue Gefühle bezüglich Sexualität auftauchen. Nimm deine Sehnsüchte und Ängste, deine Zweifel und Unsicherheiten, deine Frustration und Resignation wahr – und deine Lust und dein Begehren. Lass alle deine Gefühle da sein und verwechsle sie nicht mit Tatsachen. Nimm sie nur wahr – ohne Bewertung, ohne sie in „gut“ oder „schlecht“ zu klassieren.

So können wir einen wunderbaren Weg des Wachstums und der Selbsterforschung gehen. Überlagerungen fallen von uns ab und wir dringen immer mehr durch zu unserem inneren, strahlenden, sexuellen Wesen.

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