Herzensarbeit togge

«Ich sollte anders sein!»

Eva und ihr Mann Marco sitzen an lauen Sommerabenden gerne zusammen draussen am Feuer und reden über Gott und die Welt. Sie sprechen zuerst über ihren Alltag und kommen dann oft auf tiefere Lebensthemen, was beide lieben.

Meistens so gegen 22 Uhr ist Eva müde, nachdem die beiden zwei bis drei Stunden miteinander verbracht hatten – in intensive Gespräche vertieft. Sie möchte schlafen gehen, und ganz in ihre eigene Ruhe eintauchen. Weil sie merkt, dass Marco gerade ein neues Thema anschneidet, bleibt sie noch ein wenig und versucht, sich selber dazu zu überreden, jetzt nicht gleich zu gehen, da es doch gerade so schön ist.

Ihr wahres Befinden meldet sich jedoch unerbittlich. Eva spürt, dass sie sich nach dem langen Tag nach Ruhe sehnt, nach Rückzug, nach Schlaf und sich nicht mehr auf das Gespräch konzentrieren kann.

Sie sagt zu Marco: «Ich gehe jetzt ins Bett!» Wie sie befürchtet hatte, wirkt dieser enttäuscht und frustriert: «Es fängt doch jetzt gerade erst an, spannend zu werden! Das Leben ist doch nicht dazu da, um es zu verschlafen! Wenn deine Freundin da wäre, würdest du auch nicht schon ins Bett wollen!»

Eva fühlt sich unter Druck. Sie ist hin- und hergerissen. Trotzdem steht sie auf – mit einem unguten Gefühl. Sie spürt, dass es für sie wirklich Zeit ist und zugleich ist da ein grosses Bedauern, dass der Abend mit Ärger und Frustration endet.

Nachdem sich Eva am nächsten Tag mit Hilfe der Herzensarbeit durch Ärger, Bedauern und die Sehnsucht nach einem friedlichen Tagesabschluss hindurchgefühlt hatte, bemerkt sie ganz zum Schluss den tief verborgenen Gedanken: «Ich sollte anders sein!»

 

«Ich sollte nicht müde werden, nächtelang Gespräch führen wollen, lebendig, fröhlich, vital – ohne Ende».

Der Gedanke ist älter und geht weit über diese eine Situation hinaus. Es fühlt sich so an, als ob dieser Gedanke schon ein Leben lang in ihr geschlummert hätte, um immer wieder mal aufzubrechen und emotionale Schmerzen auszulösen.

Eva fällt ihre Familie mütterlicherseits ein und sie sieht plötzlich, dass der Gedanke, «Ich sollte anders sein!» dort subtil und unbewusst unter allen Mitgliedern sein Unwesen trieb. Während der Herzensarbeit kann sie den Schmerz, den dieser Glaubenssatz auslöst, jedem Familienmitglied symbolisch zurückgeben und auch ihr eigenes Herz dafür aufmachen. Danach fühlt sie sich erleichtert. Etwas Schweres, scheinbar Undurchschaubares ist von ihr abgefallen. Durch diese banale Alltagssituation mit ihrem Mann hat sie es entdeckt und kann jetzt den Scheinwerfer des Bewusstseins darauf richten. Eva ist froh, dass die Kette des Schmerzes unterbrochen und geheilt werden kann.

Sie nimmt sich vor, diesen Glaubenssatz «Ich sollte anders sein!» in der nächsten Zeit zu beobachten. Sie bemerkt ihn, wenn er wieder auftaucht. Es fällt ihr auf, wie oft er auftaucht und wie unterschiedlich die Situationen sind, in denen er hervortritt.

Er war ihr vorher nicht so eindeutig klar, da er auf eine subtile und unbewusste Art einfach normal war. Tief verankert aus der Herkunftsfamilie.

Durch die liebevolle Zuwendung, die sich Eva selber gibt und die nüchterne Aufmerksamkeit, mit der sie diesen Teil beobachtet, verliert das alte Muster an Kraft. Es wird durchschaut und greift nicht mehr.

Auch im Zusammensein mit Marco beobachtet Eva den Glaubenssatz weiter. Das hat auf ihn eine Wirkung, selbst wenn sie nicht darüber sprechen. Sein eigenes Muster kann sich nicht mehr mit ihrem verquicken und verhaken. Dieses Spiel, das die beiden immer wieder unfreiwillig miteinander gespielt hatten, greift nicht mehr.

Anstelle des alten, sich wiederholenden Musters ist bei beiden mehr ein Gefühl von Freiheit und Frieden getreten.

 

Wir alle erkennen wahrscheinlich Anteile von Eva und Marco in uns selber.

Der Gedanke: «Ich sollte anders sein!» kann sich in verschiedenen Variationen zeigen: «Ich sollte mehr arbeiten, mehr Geld verdienen, erfolgreicher sein, geduldiger sein mit den Kindern, schlanker sein, besser aussehen, mehr Sex haben, …» Die Liste kann endlos fortgesetzt werden.

 

Sobald «Ich sollte» davor steht, lohnt es sich, das Augenmerk darauf zu richten. Denn dann ist es etwas, womit wir uns ganz subtil selber knechten.

Es sind oft Glaubenssätze, die wir unbewusst aus dem Elternhaus oder der Gesellschaft übernommen haben und mit denen wir in uns emotionalen Stress und Schmerz auslösen.

Es lohnt sich, diesen Schmerz aufzuspüren, das Herz dafür zu öffnen und fortan auf den unguten Glaubenssatz zu achten.

Wir können dann zu einem kraftvolleren Mindset wechseln, indem wir sagen: «Ich will….»  oder «Ich entscheide mich für ….». Das hat eine komplett andere Wirkung auf unsere Gefühle als «Ich sollte».

 

Möge es gelingen!

Von Herzen

Anne-Katrin

Kontakt