Herzensarbeit togge

«Meine Beziehung erfüllt mich nicht – ich habe Angst vor Veränderung»

Viele Paare kommen in einem Moment zu mir, in dem das Haus bereits brennt. Oder sogar erst dann, wenn die Asche am Verglühen oder bereits kalt ist.

Warum ist das so?

 

Weil wir Angst haben vor Veränderung. Das Gewohnte ist uns lieb. Im Gewohnten fühlen wir uns sicher. Auch dann, wenn es nicht erfüllend ist.

 

Wir dürfen unser Bedürfnis nach Sicherheit und Gewissheit anerkennen. Je mehr wir uns diesem grundmenschlichen Bedürfnis bewusst sind, desto eher können wir uns darum kümmern, dass es ausreichend und in positiver Weise gestillt wird. Wenn wir das tun, nimmt uns dieses Bedürfnis nicht eigenmächtig in den Griff und zwingt uns nicht, in Gewohnheiten zu verharren, über die wir längst hinausgewachsen sind.

Es gibt in jedem Menschen auch das entgegengesetzte Grundbedürfnis: Nach Abwechslung, Ungewissheit und Abenteuer. Dieses lässt uns wachsen, unsere Flügel ausstrecken, etwas wagen, ein Risiko eingehen, neues Terrain betreten. Auch um dieses Bedürfnis dürfen wir uns aktiv kümmern. Sonst könnte es sein, dass es sich im ungünstigsten Moment Bahn bricht und uns mit seiner Eigendynamik überwältigt.

 

In einer Liebesbeziehung ist es notwendig, dass beide Grundbedürfnisse INNERHALB der Beziehung gelebt werden und genügend Raum finden.

 

Damit plädiere ich nicht für eine sexuell offene Beziehung. Dies könnte nur eine Variante sein, wenn beide Partner das wünschen. Es gibt unzählige andere Möglichkeiten, Abwechslung, Abenteuer, Risiko und damit inneres Wachstum in eine Paarbeziehung einzuladen. Ich denke dabei an Reisen, sportliche Aktivitäten, ein gemeinsames Projekt, spirituelle oder sexuelle Abenteuer.

 

Es geht darum, gemeinsam etwas zu wagen. Wenn wir gemeinsam etwas wagen – und das kann auch eine Paartherapie sein – dann ist der Ausgang zunächst ungewiss.

 

Denn sonst wäre es kein Wagnis. Es kommt etwas in Gange, das eine Eigendynamik annimmt. Es schwingen neue Saiten in uns an. Andere Gedanken, unkonventionelle Ideen und nie wahrgenommene Gefühle tauchen auf.

Das beflügelt und macht gleichzeitig Angst. Unser Herz sehnt sich nach der Intensität des Lebens. Ein anderer Teil in uns möchte den sicheren Hafen nicht verlassen. Beides ist gut und beides darf sein. Das ist der Schlüssel. Beide Sehnsüchte – die nach Sicherheit und die nach Abenteuer – dürfen gefühlt werden und einen Platz im Herzen bekommen.

 

Wenn wir diese zwei – scheinbar unvereinbaren – Bestrebungen bewusst in uns fühlen, statt sie zu verdrängen und zu bekämpfen, sind wir viel eher bereit, notwendige Veränderungen in Angriff zu nehmen.

 

Wir wagen es, Licht in die dunklen Ecken unserer Beziehung zu werfen und müssen nicht warten, bis das ganze Haus in Flammen aufgeht.

Wir getrauen uns, die verbannten Themen anzusprechen und lassen neue Ideen, Gefühle und Handlungen zu. Und ja – mit ungewissem Ausgang. Immer der Wahrheit und Echtheit auf der Spur.

Veränderung macht oft Angst, weil wir nicht wissen, was kommt und ob wir uns im Neuen dann auch wohl fühlen werden.

Veränderung tut zuweilen weh, weil wir Gewohntes und Liebgewordenes hinter uns lassen, da es nicht mehr zu uns passt.

Veränderung bringt aber auch immer einen Energieschub und viel Raum für Neues, Aufregendes und Beflügelndes, sobald wir diese Chance darin sehen können.

In vielen Paarbeziehungen wird das Bedürfnis nach Sicherheit und Gewissheit ganz selbstverständlich zelebriert. Es wird so lange betont, bis die Beziehung abzusterben beginnt, weil ihr die Luft zum Atmen fehlt. Oft schlägt dann das Abenteuer wie ein Blitz ein – z.B. in Form einer plötzlichen Verliebtheit.

 

Es lohnt sich, das Abenteuer rechtzeitig innerhalb der Beziehung zu suchen.

 

Indem wir uns öffnen und verletzbar machen. Indem wir nach gemeinsamen Projekten mit ungewissem Ausgang streben. Mit den Worten von Michael Singer: Indem wir «Das Leben wagen».

 

Möge es gelingen!

 

In Liebe

Anne-Katrin

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